13.

 

Denn mein letztes Geschenk ist für einen bestimmt,
 Der mit Liebe und Sorgfalt sich des Landes annimmt.

 

Kennt auf Schritt und auf Tritt dieser Junge das Land,
 Kann sich doch nicht entzieh'n meiner knochigen Hand.

 

Matt packte Kate an den Schultern und schob sie zur Seite. Sie wollte ihn festhalten, aber er lief bereits mit schnellen Schritten auf die Haustür zu.

 

»Danny ist auf der Probe für den Umzug«, rief ihm Kate ins Gedächtnis zurück. Sie rannte hinter ihm her, warf das Tagebuch auf den Fußboden und versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Hannah schnappte Kates Mantel und eilte hinter den beiden her.

Der Nebel behinderte Matts Sicht, aber er konnte die Frauen hören. »Geh zurück ins Haus und bleib dort, Kate. Es ist zu gefährlich.« Seine Stimme war grimmig. Gebieterisch. Kate erschauerte. Das klang überhaupt nicht nach ihrem Matthew.

»Ich komme mit. Nimm den Pfad, der den Hügel hinunterführt. Wenn wir die Schnellstraße genau neben den drei Redwood-Bäumen überqueren wie beim letzten Mal, ist es nicht weit zu der Abkürzung, die in die Stadt führt.« Kate folgte ihm weiterhin. Hannah nahm ihre Hand und hielt sich daran fest.

»Verflucht noch mal, Kate, hör dieses eine Mal auf mich. Ich muss Danny finden und ich kann es nicht gebrauchen, mir gleichzeitig Sorgen darüber zu machen, was dir gerade zustößt.«

Kate wünschte, seine Stimme hätte wütend geklungen, aber Matts Tonfall war kalt. Eiskalt. Sie schloss ihre Finger fester um Hannahs Hand und lief auf dem schmalen Pfad weiter. »Hannah ist bei mir, Matthew. Du wirst uns brauchen.« Sie achtete sorgsam darauf, mit ruhiger Stimme zu reden. Sie litt mit ihm und teilte seine zunehmende Sorge um die Sicherheit seines Bruders. Die Gesichtszüge im Wachs hatten eindeutig Daniel Granite gehört. Sie konnte das drohende Verhängnis deutlich fühlen.

Hannah schmiegte sich enger an sie. »Heute Nacht wird es passieren, Katie.« Ihre Stimme bebte. »Sollen wir versuchen, den Nebel jetzt gleich zu lichten?«

Beide erschraken, als Matt plötzlich vor ihnen stand und Kate an den Schultern packte. »Es hat sich nie auf mich gestürzt, immer nur auf dich. Geh zu deinen Schwestern. Bringt gemeinsam eure Magie zum Einsatz. Vertreibt den Nebel aus der Stadt. Und diesmal endgültig. Ich werde tun, was ich kann, um Danny am Leben zu erhalten. Mir kann nichts passieren, Kate.« Seine grauen Augen hatten sich in Stahl verwandelt. »Ich muss wissen, dass du in diesem ganzen Durcheinander so sicher wie möglich bist.«

Sie klammerte sich einen kurzen Moment an ihn und nickte dann. »Wir werden auf der Aussichtsplattform sein. Von dort aus können wir den Wind am besten befehligen.«

Matt drückte einen harten Kuss auf ihren Mund, wandte sich ab und eilte den schmalen, abgetretenen Pfad hinunter. Seine Gedanken überschlugen sich, als er sich an den Weg zu erinnern versuchte, den die Schauspieler bei dem Umzug zurücklegten. Hatten sie bemerkt, dass der Nebel aufgezogen war? Hatten sie in einem der Geschäfte an der Strecke Unterschlupf gesucht oder hatten sie an ihren Plänen für die Probe festgehalten? Matt erreichte die Schnellstraße und blieb einen Moment lang stehen, um zu lauschen. Er konnte keinen Wagen hören, aber der Nebel dämpfte alle Geräusche  so sehr, dass er sie fast erstickte. Trotzdem wollte er nicht noch länger warten. Er spürte, dass sein Bruder in akuter Gefahr war. Er fluchte, als er nahezu blind in den Nebel rannte. Nur seine gründliche Ausbildung bewahrte ihn davor, dass er jede Orientierung verlor. Er sah so gut wie nichts und ließ sich fast ausschließlich von seinen Instinkten leiten, als er den Weg zum Hauptplatz einschlug. Die meisten Treffen des Ausschusses fanden im Gebäude der Handelskammer statt, wenige Häuser vom Lebensmittelladen entfernt. Aber heute wurde von den Mitspielern erwartet, dass sie probten, und er bezweifelte, dass Inez sich von dichtem Nebel und einer Wesenheit, die sie nicht sehen konnte, von ihrem Vorhaben abhalten ließ.

Er hörte einen schrillen Schrei und Geräusche, die Rückschlüsse auf Panik zuließen, und sein Herz stolperte. »Danny!« Er rief den Namen seines Bruders und setzte seine Stimmgewalt ein, um die Schreie zu übertönen, die aus dem Nebel drangen. Er folgte dem Klang der Stimmen, nicht zum Hauptplatz, sondern in die entgegengesetzte Richtung, zurück zum Park am Stadtrand, wo der Fluss durch eine Schlucht toste, bevor er ins Meer floss. Die Mauer am Flussufer bestand aus Steinen und Mörtel und war keinen Meter hoch. In seiner Hast, Danny zu erreichen, wäre er beinah gegen sie geprallt. Im letzten Moment ahnte er das Hindernis, schwenkte um und lief am Fluss entlang den Schreien entgegen.

Er kam den Geräuschen immer näher. Jetzt hörte er, wie Inez versuchte, alle zu beruhigen. Er hörte jemanden nach einem Seil rufen. Der Fluss, der über die Felsen strömte, trug in dem dichten Nebel das seine zu dem Chaos bei. »Danny!«, rief Matt noch einmal und bemühte sich, gegen die Angst um seinen Bruder anzukämpfen. Wenn alles in Ordnung gewesen wäre, hätte Danny ihn gehört, und Danny hätte geantwortet.

Direkt vor ihm tauchte plötzlich Donna auf, die Besitzerin des Geschenkartikelladens. Ihr Gesicht war weiß und verzerrt. Er packte sie an den Schultern. »Was ist passiert, Donna? Sag es mir!«

Sie klammerte sich an seinen beiden Armen fest, um Halt zu finden. »Die Mauer hat nachgegeben. Etliche Männer haben darauf gesessen. Dein Bruder, der junge Granger, Jeffs Sohn, vielleicht auch noch andere, ich weiß es nicht. Sie sind einfach verschwunden und den Damm hinuntergerollt und sämtliche Felsbrocken sind ihnen gefolgt wie eine kleine Gerölllawine. Wie können wir ihnen helfen, wenn wir nichts sehen? Wir haben sie stöhnen hören und wir haben Hilferufe gehört, aber sehen können wir sie nicht. Wir haben versucht, eine Menschenkette zu bilden, aber die Böschung ist zu steil. Jackson hat sich allein an den Abstieg gemacht. Er ist auf allen vieren gekrochen. Ich habe einen grässlichen dumpfen Schlag gehört und jetzt gibt er keinen Laut mehr von sich. Ich wollte versuchen, eine Telefonzelle zu finden, um Hilfe zu rufen. Die Handys funktionieren in diesem dichten Nebel aber alle nicht.«

»Was hatte Jackson hier zu suchen?« Er wusste, dass der Deputy nie an dem Weihnachtsumzug teilnahm. »Ist Jonas auch hier?« Während er mit Donna sprach, lief er an der niedrigen Mauer entlang und tastete sie mit seinen Händen nach Sprüngen und der Lücke ab, und Donna lief hinter ihm her.

»Jackson ist zufällig vorbeigefahren, als der Nebel dichter wurde. Ich glaube, er hat sich Sorgen um uns gemacht und ist deshalb geblieben. Von Jonas habe ich keine Spur gesehen.«

»Du solltest nicht allein durch diesen Nebel laufen. Kate und ihre Schwestern werden ihn hoffentlich bald von hier vertrieben haben.« Er tätschelte ihren Arm und ließ sie stehen, um mit einer ausgestreckten Hand seine Suche nach der Stelle fortzusetzen, an der die Mauer gebrochen war. Als er sie fand, fluchte er leise. Er wusste, dass sich dieser Bereich der Mauer direkt über einem Steilhang befand, und am Fuße des Steilhangs hatte der Fluss eine kräftige Strömung und toste über etliche große Gesteinsbrocken, die unter der Wasseroberfläche verborgen waren. Der Abhang war mit Steinbrocken jeder Größenordnung übersät, die so gut wie keinen Halt hatten, wenn sie erst einmal ins Rollen kamen.

»Danny! Jackson!« Sein Ruf zog gespenstisches Schweigen nach sich. Er begann die Böschung hinabzukriechen, auf dem Bauch und mit sorgsam verteiltem Gewicht. Dabei suchte er die Umgebung mit seinen Händen ab, bevor er sich weiter hinunterzog. Er kam quälend langsam voran, aber er wollte nicht riskieren, weitere Steinbrocken ins Rollen zu bringen, denn falls sein Bruder oder einer der anderen noch am Leben war, wäre die Lawine wahrscheinlich auf sie herabgerollt.

Matts Fingerspitzen trafen auf ein Bein. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, und benutzte seine Hände, um den Mann zu identifizieren. Jackson war bewusstlos und aus einer Wunde in seinem Kopf sickerte Blut. Da Matt so gut wie nichts sehen konnte, war es unmöglich, sich ein Bild davon zu machen, wie schwer Jacksons Verletzungen waren, aber sein Atem erschien Matt sehr flach.

Eine Armeslänge von Jackson entfernt bewegte sich etwas. Matt folgte dem ausgestreckten Arm und fand einen weiteren Mann. Es war der junge Granger. Matt wusste, dass er sechzehn oder siebzehn Jahre alt war. Der Junge war in Ordnung. Jetzt bewegte er sich wieder und Matt warnte ihn sofort und sagte, er solle stillhalten, da er fürchtete, die Steine könnten in Bewegung kommen.

»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.

»Mein Arm ist gebrochen und ich fühle mich, als sei ich von einem Lastwagen überfahren worden, aber sonst fehlt mir nichts. Der Deputy hat zu mir gesagt, dass ich mich nicht von der Stelle rühren soll, und im nächsten Moment hat er sich überschlagen und ist genau über mir fest gegen den Felsen geknallt. Seitdem hat er sich nicht mehr gerührt. Ist er tot?«

»Nein, er ist noch am Leben. Was ist mit den anderen? Was ist mit Danny?« Er kroch um Jackson herum zu dem Jungen, maß seinen Puls und tastete ihn nach weiteren Verletzungen ab.

»Tommy Dockins ist auch abgestürzt. Danny hat versucht, ihn aus dem Weg zu ziehen, als die Gerölllawine heruntergegangen ist. Uns blieb so gut wie keine Zeit. Ich habe keinen von beiden gesehen, aber Tommy hat ein paar Mal um Hilfe gerufen. Ich könnte aber nicht sagen, aus welcher Richtung die Rufe kamen.«

Die Stimme des Jungen klang im Nebel blechern und verzerrt, und abgesehen davon bebte sie, doch er blieb still liegen und geriet nicht in Panik. »Du heißt Pete, nicht wahr? Pete Granger?«, fragte Matt.

»Ja, Sir.«

»Hör mir gut zu. Ich werde jetzt um dich herumkriechen und sehen, ob ich Danny und Tommy finden kann. Rühr dich nicht von der Stelle. Der Nebel wird sich bald lichten und Jonas ist mit einem Rettungstrupp auf dem Weg hierher. Wenn du dich bewegst, führt das dazu, dass die restlichen Steinbrocken direkt auf die anderen und auf mich fallen. Kapiert?«

»Ja, Sir.«

»Ich komme so schnell wie möglich zurück.« Matt warf einen Blick in die Richtung des Hauses auf der Klippe, in dem die Drake-Familie schon seit mehr als hundert Jahren lebte. Er war darauf angewiesen, dass die Drake-Frauen der heutigen Zeit ihre magischen Kräfte einsetzten, um den Nebel zu vertreiben, wenn er auch nur die geringste Chance haben wollte, seinen Bruder und Tommy zu retten und Jackson und Pete in Sicherheit zu bringen.

»Mach schon, Liebling«, flüsterte er und hoffte, die umherwirbelnden Wolken würden seine Stimme zu ihr tragen. »Tu es für mich. Räume mir diesen Mist aus dem Weg.«

Als hätten sie seine Worte gehört, traten die sieben Drake-Schwestern gemeinsam bis an die Brüstung vor und blickten aufs Meer. Libby und Sarah hatten ihre Arme um Elle geschlungen, um sie zu stützen, als sie inmitten des wogenden Nebels standen.

Sarah blickte zum Himmel auf, zu den wütenden Wolken, die sich über Sea Haven zusammengeballt hatten, und sah dann wieder ihre Schwestern an. »Dieser geplagte Geist leidet entsetzlich und glaubt nicht, dass ihm sein Fehler vergeben werden kann. Das, was er für eine Fehlentscheidung hält, kann er sich selbst nicht verzeihen. Ich bin sicher, sein ursprüngliches Motiv war, anderen den Kummer zu ersparen, mit dem er sich herumschlägt. Er glaubt, wenn er den Umzug verhindert, wird sich die Vergangenheit nicht wiederholen. Er hat diesen unglaublichen Alptraum immer wieder durchlebt und muss in die Lage versetzt werden, sich selbst zu verzeihen, um Ruhe zu finden.« Sie sah Kate an. »Deine Gabe ist schon immer deine Stimme gewesen, Kate. Ich glaube, das Tagebuch bezieht sich auf dich. Bis eine geboren wird, die Frieden bringen kann.«

Kate konnte nur an Matt denken, der irgendwo dort draußen im Nebel war. Sie wollte nicht auf der Aussichtsplattform stehen und sich auf einen weiteren Kampf einlassen, sie wollte bei ihm sein. Zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben fühlte sie sich in Gegenwart ihrer Schwestern derart gespalten. In dem Moment wusste sie, dass sie an Matthew Granites Seite gehörte. Es spielte keine Rolle, dass sie eine Beobachterin  war und er ein Tatmensch, denn sie liebte ihn und sie gehörte zu ihm.

Als könnte sie Gedanken lesen, nahm Hannah ihre Hand und drückte sie. »Er verlässt sich darauf, dass du das für ihn tust, Kate. Er verlässt sich auf uns alle.«

Kate holte tief Atem, um ruhiger zu werden. Dann nickte sie. Sie wich einen Schritt hinter Hannah zurück, da sie wusste, dass Hannah Platz brauchen würde. Kate wandte sich der Kleinstadt zu, in die der Nebel eingefallen war, und stimmte einen leisen Gesang an. Es war nicht mehr als eine behutsame Anfrage, eine Bitte, erhört zu werden. Ihre Stimme wurde von dem Hauch einer Brise davongetragen, als Hannah sich dem Meer zuwandte und ihre Arme hob. Sie dirigierte den Wind wie ein Orchester.

Hinter Kate begannen jetzt auch Joley und Abbey zu singen, eine zarte Melodie der Liebe und des Friedens, die sich mit Kates unglaublicher Stimme harmonisch zu einer Symphonie der Hoffnung verband. Kraft begann sich anzusammeln, im Wind und im Himmel über ihren Köpfen. Blitze spalteten das Wolkengetümmel. Kate sprach von Vergebung und von bedingungsloser Liebe, der Liebe von Angehörigen, die die Zeit überdauert. Sie lockte und rief. Sie bat darum, angehört zu werden.

»Du hast ihn berührt, die Verbindung ist hergestellt«, meldete Elle. »Er wehrt sich gegen den Ruf. Er ist wild entschlossen zu verhindern, dass der Unfall passiert. In seinem Verständnis gibt es kein früheres Leben und auch kein zukünftiges Leben. Er sieht nur immer wieder vor sich, wie seine Frau und sein Kind in den Flammen einen grauenvollen Tod erleiden, Jahr für Jahr.« Sie taumelte unter der Last des Schuldbewusstseins, das diesen Mann niederdrückte, unter der Last seines Verlustes.

Kate zauderte nicht. Matt war irgendwo dort draußen im Nebel und sie spürte, dass er sich mit ihr in Verbindung setzen wollte und sich fest auf sie verließ. Und sie wusste, dass er in Gefahr war. Sie sprach von den Zusammenkünften der Einwohner der Stadt, bei denen jede Glaubensrichtung vertreten war. Und davon, dass den Älteren und den Jungen gleichermaßen Respekt erwiesen wurde. Sie sprach von einem Ort, den wahre Toleranz zu einer sicheren Zufluchtsstätte für jeden machte. Und sie sprach von Vergebung. Und davon, sich von dem zu lösen, was geschehen war.

Der Wind nahm zu und mit ihm breitete sich die Kraft aus. Als Reaktion darauf geriet das Meer in Wallung. Eine Herde von Walen kam an die Wasseroberfläche. Sie bewegten ihre Schwanzflossen im Einklang miteinander, als wollten sie einen riesigen Fächer bilden. Joleys Stimme, sinnlich und von einer Reinheit, die man nicht einfach ignorieren konnte, wurde kräftiger und übernahm die Führung, während Abbeys Stimme in vollendeter Harmonie in den Gesang einfiel.

Hannahs Stimme rief die Elemente an, die sie kannte und liebte. Erde. Wind. Feuer. Regen. Blitze zerschnitten den Himmel. Wind wehte. Regen ergoss sich aus den Wolken. Und die Kraft schwoll weiterhin an. Ihre Hände bewegten sich so anmutig, als dirigierte sie eine Symphonie der Magie.

Kate lockte den Geist mit dem Versprechen an, ihm Frieden zu bringen. Ruhe. Eine Familie, die ihn mit offenen Armen erwartete, der er lieb und teuer war und die ihm keine Schuld zuwies. Ein Unfall, nicht die Hand eines Gottes aus uralter Zeit, der wütend auf ihn war, weil er seinen Lieben erlaubt hatte, an etwas teilzunehmen, was nicht ihm galt. Ein unseliger Unfall, nichts weiter. Joley sang von Weihnachtsfesten, vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen. Von einer Stadt, die sich dem Ziel verschrieben hatte, dass sämtliche Einwohner auf vielerlei Art und Weise gemeinsam feierten. Von Festspielen zu Ehren der alten Götter und einer Galaveranstaltung für jene, die an keinen Gott glaubten. Die beiden Stimmen verbanden sich miteinander, die eine singend, während die andere Geschichten erzählte. Gemeinsam erschufen sie ein nahtloses Gewebe, um die verlorene Seele nach Hause zu führen.

Schließlich erhob Abbey ihre Stimme, ein Ruf nach jenen, die umgekommen waren, und eine Aufforderung an sie, ihre Lieben willkommen zu heißen. Da sie die Wahrheit einfordern konnte, sprach sie auch die Wahrheit. Sie flocht ihre Stimme in das kunstvolle Gewebe ein und versprach Frieden und Ruhe und endlich den lang ersehnten Schlaf in den Armen derer, die er am meisten liebte.

»Er kommt. Zaghafter Glaube regt sich in ihm, und er will seine Chance ergreifen«, sagte Elle. »Er zaudert noch, aber er ist unglaublich erschöpft und die Vorstellung, seine Frau und sein Kind zu sehen und in den Armen der beiden zu ruhen, ist für ihn unwiderstehlich.«

Libby hob gemeinsam mit Hannah ihre Arme und sandte das Versprechen einer Heilung aus, nicht des Leibes, sondern die Genesung von Geist und Seele. Mit ihrer Kraft verstärkte sie den Wind und fügte Kates wohltuendem Frieden ihre heilenden Kräfte hinzu.

Die Windstärke nahm zu, bis ein Sturm losbrach, der durch Sea Haven fegte und den Nebel zum Meer trieb. Zu dem Haus auf der Klippe und den sieben Frauen, die Hand in Hand an der Brüstung standen. Die weiblichen Stimmen verströmten eine unglaubliche Kraft, die sich in der Luft, über dem Land und über dem Meer ausdehnte und sich gemeinsam mit dem Wind erhob. Diese Kraft rief, sie versprach, sie wies den Weg.

Und der Nebel antwortete. Der dichte graue Dunst wandte sich dem Meer zu, anfangs widerstrebend, nur kleine Ranken, die sich vortasteten, zaghaft und furchtsam.

Die Stimmen schwollen an. Der Wind wehte durch den Nebel.

Elle streckte eine Hand nach Kate aus. »Jetzt, Kate. Geh jetzt zu ihm.«

Kates betörende Stimme sprach weiterhin unablässig, auch dann, als sie die Augen schloss und sich vorsätzlich in die Schattenwelt begab. Er war da. Ein großer, ausgemergelter Mann, den der Kummer niederdrückte. Er sah sie an und schüttelte betrübt den Kopf. Sie hielt ihm ihre Hand hin. Neben ihr zuckte Elle zusammen, als ein bestialisches pelziges Geschöpf mit glühenden Augen Kate hasserfüllt anstarrte. Die schlangenartigen Ranken wanden sich, rollten sich zusammen und zischten, als seien sie lebendig und wollten sich auf ihre Schwester stürzen. Elle hielt sie einzig und allein mit ihrer unglaublichen Kraft zurück, um Kate die Zeit zu geben, die notwendig war, um den Geist Abrams zu sich zu locken.

Kate erzählte eine Geschichte von der Liebe eines Mannes zu seiner Frau und seinen Kindern. Eines Mannes, der den kühnen Entschluss fasste, sich gegen das zu stellen, was andere für richtig hielten, und seiner Familie erlaubte, an einer Aufführung teilzunehmen, die dazu gedacht war, Menschen zusammenzuführen. Sie sprach von Gelächter und Freude und seinem Stolz auf seine Familie, als er ihr zusah. Und von den Gräueln eines entsetzlichen Unfalls. Von den Kerzen und dem trockenen Stroh, von den schweren Brettern, die auf so viele stürzten. Sie erzählte ihm, wie der Mann seine Lieben sterben sah. Von den Schuldgefühlen und dem Grauen. Von dem Verlangen, jemandem die Schuld daran zu geben ... sich selbst die Schuld daran zu geben.

Joley und Abbey sangen leise, die Stimme einer Frau und eines Kindes, die einen geliebten Menschen zu sich riefen, damit er sich ihnen anschloss. Kate setzte die Reinheit ihrer Stimme ein, die silbernen Töne, um ihn noch näher zu locken. Die Frau und das Kind warteten. Sie liebten ihn. Sie sehnten sich nach ihm. Er brauchte nichts weiter zu tun als zu ihnen zu gehen und sich selbst zu vergeben. Es gab niemanden außer ihm selbst, der gerettet werden musste.

Kate hielt ihre Hand weiterhin ausgestreckt und deutete hinter ihn. Dunkelgraue Nebelschwaden trieben auseinander. Er drehte sich um und sah die Schatten dazwischen. Eine Frau. Ein Kind. In weiter Ferne. Sie warteten.

Ein lauter Schrei ertönte, wie das Krächzen einer Möwe. Die Wogen schlugen gegen die Klippe, schnellten hoch daran empor und versprühten ihren weißen Schaum. Ein Blitz zuckte durch die Wolken und schlug mitten in den Nebel ein. Der Blitz brachte Licht in den Schatten und schleuderte Kate aus dieser Welt hinaus und in ihre eigene Realität zurück. Sie landete hart auf der nassen Aussichtsplattform, inmitten ihrer Schwestern. Libby hielt sie eng an sich gepresst.

»Dir fehlt nichts. Jetzt ist alles wieder gut. Du hast es geschafft, Kate. Du hast ihm Frieden gegeben«, sagte Sarah.

»Wir haben es geschafft«, verbesserte Kate sie mit einem matten Lächeln.

Sie saßen alle miteinander da, zu erschöpft, um sich zu rühren, während der Regen in Strömen auf sie niederging. Sarah drehte ihren Kopf zur Tür, um die Entfernung einzuschätzen. »Damon wird gleich kommen und uns Tee bringen, aber ich glaube nicht, dass er uns ins Haus tragen kann.«

Elle schützte Abbey mit ihrem Körper gegen den Regen. »Wen interessiert schon, wie wir wieder ins Haus kommen? Ich möchte einfach nur hier liegen und zum Himmel aufblicken.«

»Ich will wissen, dass Matt in Sicherheit ist und dass es ihm gelungen ist, Danny zu retten«, sagte Kate. »Wenn Damon raufkommt, sag ihm bitte, er soll Jonas anrufen.«

Matt rutschte behutsam den Steilhang hinunter und schlängelte sich um loses Gestein herum, bis es nicht mehr möglich war, das Geröll zu umgehen. Ihm blieb gar nichts anderes übrig als sich über die Steine voranzubewegen.

»Ich bin Tommy, nicht Kate«, rief eine matte Stimme rechts neben ihm.

Bis zu diesem Augenblick war Matt nicht bewusst gewesen, dass er ihren Namen immer wieder wie ein Gebet flüsterte. Er blickte zum Himmel auf, spürte den Wind in seinem Gesicht und fühlte die ersten vereinzelten Regentropfen. »Danke, Katie, du bist unglaublich«, sagte er inbrünstig, und es war sein voller Ernst. Schon jetzt begann sich der Nebel zu lichten und er konnte den Jungen, der nicht weit von ihm lag, als vagen Umriss erkennen. »Bist du verletzt?«

»Ich glaube nicht. Aber ich weiß nicht, was passiert ist. Ich bin von der Mauer gefallen und den Hang runtergerollt und das Nächste, was ich weiß, ist, dass Danny mich gestoßen hat. Ich bin erst vor ein paar Minuten wieder zu mir gekommen, und als ich mich von der Stelle rühren wollte, sind etliche Steine in Bewegung geraten. Ich wusste nicht, wo die anderen sind, und daher hielt ich es für das Beste zu warten, bis Hilfe kommt.«

Matt blieb flach auf dem Bauch liegen und suchte die Umgebung systematisch nach Danny ab. Der Wind fegte durch die Schlucht, änderte abrupt seine Richtung und wehte vom Fluss her. Jetzt sah er wenige Meter unter sich seinen Bruder. Danny lag bäuchlings auf der Klippe über dem Flussufer und war zum Teil unter Geröll begraben. Er rührte sich nicht. Matt konnte seinen beschleunigten Pulsschlag in seinen Schläfen fühlen. Er zwang sich, zu Tommy zu kriechen und erst ihn zu untersuchen. »Dir fehlt nichts. Die Hauptsache ist jetzt, dass du still liegen bleibst, bis Hilfe kommt. Ich muss nach Danny sehen.«

Er holte tief Atem und rief laut: »Donna? Ist Jonas schon da?«

»Er ist gemeinsam mit dem Rettungstrupp auf dem Weg«, rief sie zurück.

»Ich arbeite mich jetzt zu Danny vor. Alle anderen sind am Leben. Jackson scheint es am schlimmsten erwischt zu haben. Es könnte eine Gehirnerschütterung sein. Der Hang ist von oben bis unten instabil. Sag den Leuten, wenn sie eintreffen, sie sollen sich dort oben mit allergrößter Vorsicht bewegen, bis es mir gelungen ist, Danny aus der Zone zu entfernen, in der die Gerölllawine heruntergehen könnte.«

Matt klopfte dem jungen Tommy auf die Schulter und kroch weiter. Zwischen dem losen Gestein kam er nur beschwerlich und quälend langsam voran. Wenn sich die kleinsten Kiesel in Bewegung setzten, konnte ein Hagel von Gesteinsbrocken auf seinen Bruder niedergehen. Er kämpfte sich Zentimeter für Zentimeter durch das Geröll voran, bis er an Dannys Seite angelangt war.

Danny lag in einer Haltung, die sein Gleichgewicht gefährdete, bedenklich nah am Flussufer. Es sah tatsächlich so aus, als hätten ihm die Steinbrocken, die auf ihn heruntergegangen waren, das Leben gerettet, da sie ihn in den Schlamm pressten und ihn dort festhielten. Matt untersuchte seinen Bruder mit größter Behutsamkeit. Er fand keinen einzigen gebrochenen Knochen, aber etliche Schnittwunden, vor allen auf Dannys Händen. Sein Gesicht war in die Erde gepresst. Vorsichtig drehte er Dannys Kopf um und befreite seinen Mund von dicken Erdklumpen. Danny hustete und Steinbrocken lockerten sich. Einige gerieten in Bewegung und fielen unter ihnen in den Fluss. »Rühr dich nicht von der Stelle, Danny. Du darfst nicht einmal husten, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt«, wies Matt ihn an.

»Sag uns, was du brauchst Matt«, rief Jonas ihm vom oberen Ende der Böschung zu.

»Ich muss Danny hier wegbringen. Wenn ich das tue, wird aber über ihm alles ins Rollen geraten. Ihr werdet also zuerst Pete und Jackson dort rausholen müssen. Wenn ihr sie holt, Jonas, dann pass bloß auf, dass sich nicht mal ein Kieselstein lockert. Ich werde meinen Bruder gegen rollende Steine abschirmen, aber um Himmels willen, beeilt euch.«

Matt wusste, dass Jonas nicht versuchen würde, ihm sein Vorhaben auszureden. Es war vollkommen klar, dass Matt seinen jüngeren Bruder nicht im Stich lassen würde, wenn sein Körper zur Hälfte über dem rasch strömenden Fluss hing und jeden Moment eine Steinlawine auf ihn heruntergehen konnte. Die Drake-Schwestern hatten ein Wunder vollbracht, denn es war ihnen gelungen, den Nebel zu vertreiben, aber den Männern stand noch einiges an Arbeit bevor und die Gefahr war noch lange nicht ausgestanden.

»Vergesst mich nicht«, rief Tommy.

»Wir holen dich rauf«, versprach ihm Jonas.

»Wir kriegen dich heil hier raus, Brüderchen«, sagte Matt und wischte mehr Lehm aus Dannys zerschnittenem Gesicht.

»Du musst schleunigst von hier verschwinden, Matt.« Danny flüsterte die Worte kaum hörbar. »Es genügt schon zu atmen, um die Steine ins Rollen zu bringen. Wenn sie die anderen über uns rausholen, werden die Felsbrocken uns beide zerschmettern.«

»Jonas ist oben. Du solltest etwas mehr Vertrauen in ihn setzen. Bist du verletzt?«

»Sehe ich so aus?«

Matt hörte über sich verhängnisvolles Poltern. »Wir kommen«, rief Jonas laut herunter. Matt verlagerte seinen Oberkörper so, dass er Dannys Kopf Schutz gab, und hielt sich die Arme über den eigenen Kopf. Er versuchte, sich so klein wie möglich zu machen, als loses Geröll hinabstürzte und auf dem Weg weitere Brocken lockerte. Ein Hagel von Steinen prasselte hinunter und bespritzte sie mit Wasser, als die Steine unter ihnen im Fluss landeten. Einer prallte von Matts Wade ab, rollte weiter und lockerte weitere Steinbrocken, bevor er ins Wasser fiel.

»Verdammt noch mal, seht euch besser vor.« Matt konnte hören, wie Jonas den Rettungstrupp wütend anknurrte. »Wenn ihr die Jungen nicht raufholen könnt, ohne eine Gerölllawine auszulösen, dann kommt schleunigst wieder rauf und überlasst anderen die Arbeit! Ist bei dir alles in Ordnung Matt?«

»Hier ist alles klar. Aber seid vorsichtig«, rief er zurück.

»Du wiegst mehr als die Steinbrocken«, beschwerte sich Danny.

»Das hast du verdient, schon allein für den teuflischen Schrecken, den du mir eingejagt hast. Hast du dir was gebrochen?«

»Nee, ich bin ein Granite. Wir sind zäh.«

Matt zerzauste seinem Bruder mit einer unwirschen Geste liebevoll das Haar. Er blickte nach oben. »Sie haben Jackson und die Jungen raufgeholt und sind jetzt auf dem Weg zu uns. Wenn wir dich von der Stelle bewegen, Danny, wird das Ufer unter dir vollständig abbrechen. Es wird mir unmöglich sein, dich sanft zu behandeln, aber ich werde nicht zulassen, dass dir etwas zustößt.«

»Hol mich hier raus, zum Teufel, mehr will ich doch gar nicht.«

Es war keine einfache Aufgabe. Die Retter bahnten sich mit quälender Langsamkeit ihren Weg nach unten und arbeiteten einen komplizierten Plan aus, um Danny aus dem Geröll zu befreien. Sie wussten, dass sie eine weitere Lawine ins Rollen bringen würden, sowie sie ihn unter dem Geröll herauszogen, und daher musste das Vorgehen aller Beteiligten sorgsam aufeinander abgestimmt sein. Matt blieb bei seinem Bruder, scherzte und hielt ihn bei Laune. Die Männer räumten möglichst viele von den Steinen, die auf Danny gefallen waren, zur Seite, ohne den nächsten Steinschlag auszulösen. Nur der weiche Lehm hatte Danny vor grässlichen Verletzungen oder dem Tod bewahrt. Sein Körper war tief in den Schlamm gepresst. Sie gruben in mühseliger Kleinarbeit in der Erde um ihn herum, stets darauf bedacht, das labile Gleichgewicht der Felsbrocken über ihren Köpfen bloß nicht zu erschüttern.

»Bist du bereit, Brüderchen?« Matt war derjenige, der Dannys Unterarme packte und ihm sagte, er solle sich an seinen Unterarmen festhalten.

»Mehr als bereit.« In Dannys Augen stand Furcht, doch er zwinkerte seinem älteren Bruder zu und bewerkstelligte sogar ein mattes Lächeln.

Matt wartete keinen Moment länger. Sie hatten neben dem Weg, den die Gerölllawine nehmen würde, möglichst viel Platz von Steinen freigeräumt, damit Matt auf dem Steilufer freie Bahn hatte und Danny schnell aus der Gefahrenzone ziehen konnte. Er setzte seine enorme Kraft ein, um seinen Bruder unter den verbleibenden Steinbrocken herauszuziehen. Jetzt kam es darauf an, dass er sich so schnell wie menschenmöglich bewegte. Die Brocken stürzten sofort in den Fluss und lösten die Lawine aus. Das Geröll über ihnen wurde von nichts mehr gehalten und rollte hinab und nahm dabei den größten Teil der Böschung mit sich. Matt warf sich ein zweites Mal schützend auf Dannys Körper und wartete, bis der Steinschlag endete.

Danny versuchte aufzustehen, doch sein Bruder hielt ihn fest. »Du hast mich hier runtergelockt, damit ich Schlammkuchen mit dir backe. Und jetzt wirst du dich brav auf eine Bahre legen und dich von den Sanitätern ins Krankenhaus bringen lassen, damit sie dich dort gründlich untersuchen.«

»Mir fehlt nichts«, protestierte Danny, als sie ihn auf eine Bahre schnallten. »Ich komme mir wie ein Idiot vor«, sagte er.

»Gut so, Danny. Du bist nämlich ein Idiot.« Matt bezog seinen Posten am Kopfende der Bahre und half mit, als sie ihn an einer günstigeren Stelle das Ufer hinauftrugen. Sie gingen immer noch behutsam zu Werk, da die Bedingungen auch jetzt noch unsicher waren, doch sie schafften es, ohne Zwischenfälle nach oben zu gelangen.

Danny protestierte erneut, als sie ihn in den Krankenwagen verfrachteten, doch niemand schenkte ihm auch nur die geringste Beachtung. Matt sprang auf, blieb an seiner Seite und ließ eine Hand auf der Schulter seines Bruders liegen. Erst als die Ärzte ihm sagten, bis auf zahllose Prellungen und Schnittwunden fehlte Danny nichts, ging Matt, um nach Jackson und den anderen Jungen zu sehen.

Als er in das Haus auf der Klippe zurückkehrte, war er todmüde und wollte nur noch Kate in seinen Armen halten. Die Drake-Schwestern rekelten sich bleich und abgespannt auf den Sesseln und Sofas im Wohnzimmer, doch alle begrüßten ihn mit ihrem strahlenden Lächeln.

Matt zog Kate in seine Arme und hielt sie eng an sich geschmiegt. Er verspürte nur noch den einen Wunsch, mit ihr nach Hause zu fahren. Sie in sein Haus zu bringen, an den Ort, an den sie gehörte. Sie wirkte erschöpft und machte den Eindruck, als könnte sie dringend eine warme Mahlzeit und zwei oder drei Tage Schlaf gebrauchen. Kate klammerte sich an ihn und bog ihm ihr Gesicht entgegen, damit er sie küsste.

»Ich habe gehört, dass auf der Flussmauer ein Unfall passiert ist«, sagte sie zur Begrüßung.

»Es ist alles in Ordnung. Keinem ist etwas Ernsthaftes zugestoßen. War Jonas hier?«

Sie schüttelte den Kopf. »Inez hat angerufen, um sich zu erkundigen, ob bei uns alles in Ordnung ist. Sie wusste, dass wir den Nebel vertrieben haben und dass wir restlos erschöpft sein würden. Sie hat uns erzählt, was passiert ist. Jackson behalten sie eine Zeit lang im Krankenhaus, aber die beiden Jungen sind behandelt und schon wieder entlassen worden. Sie hat gesagt, Jackson könnten sie vollständig wiederherstellen.« Sie lächelte matt und doch strahlend. »Irgendwie habe ich das Gefühl, er wird einen grauenhaften Patienten abgeben.«

»Ich glaube, da hast du recht. Danny haben sie auch gleich nach der Behandlung wieder entlassen. Er hat von Kopf bis Fuß Prellungen und Schnittwunden, aber er hat keine einzige schwere Verletzung davongetragen.« Erheiterung war aus Matts Stimme herauszuhören. »Er hofft, Inez wird seine Rolle beim Umzug nächstes Jahr aufgrund seines, ich zitiere, ›Heldentums‹ weiter ausbauen. Es war reichlich heikel, Kate. Ich danke dir für alles, was du getan hast.«

»Wir haben es alle gemeinsam getan. Ohne meine Schwestern hätte ich es niemals schaffen können. Ich bin ja so froh, dass deinem Bruder nichts passiert ist. Ohne ihn in seiner angestammten Rolle als Schäfer wäre der Umzug nur noch halb so schön. Da wir gerade von dem Umzug sprechen ...« Sie ließ ihren Satz abreißen, als ihre Schwestern in Gelächter ausbrachen.

Matts Kopf schoss argwöhnisch in die Höhe. Inzwischen kannte er die Drake-Schwestern etwas besser und wusste, dass er Ärger zu erwarten hatte, wenn sie alle miteinander loslachten. Diesmal war er ganz sicher, dass er sein Fett abkriegen würde.

»Inez hat ein Kostüm hier abliefern lassen, das sie für den Dritten der Heiligen Drei Könige angefertigt hat«, sagte Kate strahlend. »Sie hat gefragt, ob du bereit wärest, im letzten Moment einzuspringen und die Rolle zu übernehmen, und da Inez außer sich war, haben wir gesagt, wir seien ganz sicher, dass du ihr diesen Gefallen tun wirst.«

Seine Haltung wurde steif. »Lieber lasse ich mich in siedendem Öl rösten.«

»Eurer Familie liegt das Schauspielern im Blut«, hob sie hervor.

Er hob abwehrend eine Hand. »Du kannst mich nicht mit diesem Blick ansehen, wenn du geschwächt und müde bist, das ist unfair.«

»Ich weiß, Matthew«, sagte sie. »Ich bemühe mich ja, es nicht zu tun, aber Inez ist eine so gute Freundin und es war mir unerträglich, dass sie außer sich war. Nach all diesen Unfällen ist der Umzug wichtig für die Stadt. Wir müssen wieder Zuversicht gewinnen.«

»Und damit unser Städtchen wieder Zuversicht gewinnt, muss ich bei dem Umzug mitmachen?« Er zog skeptisch eine Augenbraue hoch.

»Du brauchst nichts weiter zu tun als mitzulaufen. Du hast keinen Text und musst auch sonst nichts tun, was dir gegen den Strich geht. Es macht dir doch nichts aus, oder?«

»Klingt es so, als wollte ich das tun, wenn ich mich lieber in siedendem Öl rösten ließe?«

Sie schmiegte ihr Gesicht an seine Brust und presste ihre Lippen auf seine Haut.

Tief aus seiner Kehle stieg ein leises Knurren auf, das in ein Stöhnen überging. »Ich sehe deutlich vor mir, wie mein zukünftiges Leben aussehen wird. Ich tue es. Aber nur dieses eine Mal. Und nie wieder.«

»Danke.« Sie küsste ihn von Neuem. »Und jetzt habe ich nur noch den einen Wunsch, mit dir nach Hause zu gehen und in deinen Armen zu schlafen«, sagte sie, ohne sich daran zu stören, dass ihre Schwestern mithörten. »Lass uns nach Hause gehen, Matthew.«

Matt küsste zart ihre Lippen und ihren Hals und hob dann ihre Hand an seinen Mund. Freude wogte in ihm auf. Sie hatte gesagt: »Lass uns nach Hause gehen.« Er hob sie mühelos auf seine Arme. »Ich werde gut auf sie aufpassen«, versprach er ihrer Familie.

Sarah nickte. »Wir setzen volles Vertrauen in dich, Matt.«

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